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 | Psychologie Psychologie verstehen: Denken |
Die Tipps sind in folgende Kategorien unterteilt: |
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Denken - diese Fähigkeit, auf die der Mensch so stolz
ist, weil er sich damit über alle anderen Wesen hebt - was bedeutet sie
eigentlich? Was steckt wirklich hinter dem Wort und dem Vorgang des Denkens?
Wie kann man diese Vorgänge untersuchen, definieren, Regeln erstellen und
erkennen?
In der Psychologie wird dieser Vorgang neben anderen unter einen gemeinsamen
Oberbegriff gestellt, den der „kognitiven Prozesse“ womit alle Formen
von Wissen und Erkennen gemeint sind. Denken muß also neben andere
Prozesse gestellt werden, die alle den gemeinsamen Oberbegriff „Kognitive Prozesse“
haben - und was genau darunter verstanden wird, darum soll es nun
gehen.
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Wie bereits in der Einleitung dargestellt wurde, ist Denken
ein Vorgang, der wie z.B. Erinnern, sich Dinge Vorstellen, Wahrnehmen, etc.
ein kognitiver Prozess ist.
Kognitive Prozesse haben also allgemein zwei wesentliche Komponenten: Inhalt
und Operationen. Inhalte sind Fakten, Begriffe, Wissenselemente, Regeln, wie
z.B. „ich habe am 15. Februar Geburtstag“, „ein rundes, rot/weißes Schild
mit einer „60“ darin bedeutet daß man hier höchstens 60 Km/h fahren
darf“, „Ein Rad ist rund“, „Vor 14 Tagen war ich im Kino“, etc.
Und um im Leben bestehen zu können, müssen halt mit diesen Elementen
geistige Operationen ausgeführt werden: kognitive Prozesse.
In diesem Abschnitt gehe ich aber nur auf wenige kognitive Prozesse ein: auf
die visuelle Kognition, und auf das Problemlösen.
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Lange Zeit ging man davon aus, daß die visuelle Kognition
keine besonders große Rolle im Bereich der Repräsentationen spielt.
Repräsentation ist ein Begriff, der beschreibt, „wie“ etwas in unserem
Gedächtnis repräsentiert ist, wie „präsent“ es ist: Wenn wir
uns einen Tisch ansehen, dann muß dieser Gegenstand ja über verschiedene
Informationsumwandlungen in unser Gehirn gelangen (meist über die Augen,
das Licht) und dort wieder zu diesem Gegenstand aufgebaut werden, wenn wir in
z.B. einem anderen Raum sind und uns an den Tisch wieder erinnern wollen. Der
Tisch muß in unserem Gehirn also repräsentiert sein, man spricht
von einer Repräsentation.
Denn es ist erwiesen, daß die wichtigste Repräsentationsform die
Sprache ist, aber erst um 1980 entdeckte man, daß kognitive Repräsentationen
nicht nur sprachlich, sondern auch visuell sein können.
Man kann einen einfachen Selbsttest machen und damit auch gleichzeitig nachweisen,
daß es sogar mehrere Repräsentationsformen gleichzeitig gibt: An
einen Namen eines Menschen kann man sich z.B. viel besser erinnern als an Benennungen
wie z.B. Mitleid, Ehrlichkeit. Warum? Weil im ersteren Fall eine Bezeichnung
von konkreten Inhalten stattfindet, im zweiten Fall eine Bezeichnung von abstrakten
Inhalten. In dem einen Fall wird der Begriff also sowohl sprachlich als auch
bildlich abgespeichert, in dem anderen Fall jedoch nur sprachlich.
Interessant ist auch, daß sowohl bei der Vorstellung eines bestimmten
Gegenstandes als auch beim tatsächlichen Sehen dieses Gegenstandes die
gleichen Bereiche im Gehirn aktiviert werden.
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Visuelle Repräsentationen haben einen recht hohen Anteil
in unserem Alltag, vor allem ist ihre Wirkung erstaunlich - genauso wie ihre
Formen, wie sich weiter unten noch zeigen wird.
Ein paar Beispiele von Prominenten Wissenschaftlern sollen dies deutlich machen:
Albert Einstein sagte, daß er immer erst in visuellen Vorstellungen gedacht
hatte, und dann erst seine Erkenntnisse in mathematische Formen umgesetzt hat.
Oder Michael Faraday, ein wichtiger Wissenschaftler u.a. im Bereich des Magnetismus,
verstand erstaunlicherweise nicht viel von Mathematik, aber er hatte ein sehr
intensives Vorstellungsvermögen.
Interessant ist nun natürlich auch die Frage, wie die
Operationen solcher visuellen Repräsentationen durchgeführt werden.
Dazu führte man ein Experiment durch, indem Versuchsteilnehmer in zufälliger
Reihenfolge den Buchstaben "R" sahen, der jedoch beliebig gedreht
/ gespiegelt war, und angeben sollten, ob das „R“ die gespiegelte Form sei oder
nicht.
Da die Versuchsteilnehmer für ihr Entscheidung entsprechend länger
brauchten je größer auch der Drehwinkel des "R" war, kann
man davon ausgehen, daß Objekte in der visuellen Repräsentation genauso
wie „reale“ Objekte behandelt werden: Die Versuchsteilnehmer drehten nämlich
in Gedanken das Bild des „R“ in die Grundposition, um dann beurteilen zu können,
ob die gespiegelte Version vorlag oder nicht.
Dasselbe Ergebnis brachte eine Untersuchung, in der Teilnehmer eine Beschreibung
einer Situation und vor allem die räumliche Umgebung vorgelesen bekamen.
In einer anschließenden Befragung konnten sich die Teilnehmer dann auch
viel eher an Dinge erinnern, die direkt vor ihnen waren, als an die, die weit
weg von ihnen standen.
Die Teilnehmer bauten also eine visuelle Situation dessen auf, in der sie sich
so bewegten wie in der Realtität: Sie setzten eine verbale Beschreibung
um in eine visuelle Erfahrung.
Zum Abschluß dieses Abschnittes noch ein kleines Beispiel,
das zeigt, wie fälschlich auch die visuelle Repräsentation sein kann
(zitiert aus Zimbardo): „Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein großes
Blatt Papier. Falten Sie dieses nun in der Mitte. Dann haben Sie 2 Schichten.
Falten Sie es noch einmal. Das ergibt 4 Schichten. Fahren Sie fort, bis Sie
es etwa 50mal gefaltet haben. Wie dick wäre dann das Papier? Die richtige
Antwort lautet: etwa 80 Mio. km (2 hoch50 * 0,071cm, der Stärke des Papieres).
Dies entspricht ungefähr der Hälfte der Strecke zwischen Erde und
Sonne. Ihre Schätzung lag vermutlich weit darunter. Ihr Vorstellungsvermögen
war mit der bildlichen Repräsentation der Informationen überfordert.“
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Die meisten werden, wenn sie dieses Wort hören, wohl
an Probleme denken, die man aus dem Mathematikunterricht kennt; oder aktuelle
Finanz- oder Beziehungsprobleme.
Mit diesem Wort assoziieren viele eher Probleme, die weiter weg der eigenen
Persönlichkeit sind, jedoch ist Problemlösen ein fast ständiger,
aktuelle „Vorgang“: Man könnte praktisch unser ganzes Leben als ein einziges
Problemlösen bezeichnen!
Beispiele sind z.B. morgens duschen ohne die Kinder zu wecken, einen Brief schreiben
und zur Post bringen, eine Arbeit in der gegebenen Zeit und Anforderung zu erfüllen,
etc.
Ein Problem ist (meist) beschreibbar als eine Diskrepanz zwischen dem,
was man nicht weiß/kann und dem, was man wissen/können möchte
oder sollte.
Problemlösen bedeutet also, anders ausgedrückt, diese Diskrepanz zu
verringern.
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Ein Problem wird definiert als ein Problemraum, der genau
3 Elemente hat: einen Ausgangszustand, einen Zielzustand sowie
eine Anzahl von Operationen, also Schritte, um vom Ausgangszustand zum
Zielzustand zu kommen.
Zimbardo vergleicht die Situation treffend mit einem Labyrinth: Man steht an
einer Ausgangsituation, man kennt das Ziel (den Ausgang aus dem Labyrinth),
aber den Weg dahin muß man sich noch erarbeiten und überlegen, dies
sind eben die richtigen Operationen, die man finden muß.
Oft hat man zu Beginn Schwierigkeiten, ein Problem zu lösen, man findet
nicht richtig den Einstieg zu dem Problem, der Lösung; dies liegt eben
daran, daß eines dieser Elemente des Problemraumes nicht klar definiert
ist.
Man unterscheidet daraus folgernd zwei Varianten: ein gut und ein schlecht
definiertes Problem. Bei einem gut definierten Problem sind alle drei Elemente
klar definiert: Der Ausgangszustand, der Zielzustand sowie die notwendigen Operationen,
die nun richtig eingesetzt werden müssen.
Bei einem schlecht definierten Problem sind eines oder mehrerer dieser Elemente
nicht klar definiert - um das Problem lösen zu können, muß also
ersteinmal erkannt werden, welche Elemente „fehlen“, und diese müssen zuvor
erst genau definiert werden.
Wie man das Problemlösen verbessern kann, kann man im
Bereich „Tips für den
Alltag“ nachlesen.
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Eine andere Form des Problemlösens ist das Schlußfolgern.
Dabei unterscheidet man zwei Formen: Das deduktive und das induktive Schließen.
Beim deduktiven Schließen geht es um die Anwendung
von logischen Regeln.
Ein Beispiel aus dem Alltag: Sie wollen mit dem Zug, mit einem ICE, nach Berlin
fahren, wissen aber nicht genau, auf welchem Gleis der Zug abfährt. Sie
fragen daher einen Passanten, der sagt Ihnen, daß alle ICE nur auf Gleis
4 abfahren - und somit sind Sie sicher, das Sie auf Gleis 4 müssen, denn
Ihr ICE nach Berlin ist dann sicher auch darunter.
Meist kann man dies in einem sogenannten Syllogismus darstellen: |
Erste Prämisse:
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Alle ICE fahren nur auf Gleis 4 ab.
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Zweite Prämisse:
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Der Zug, mit dem ich fahre, ist ein ICE.
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Schlussfolgerung:
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Ich muss auf Gleis 4.
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Einige Untersuchungen haben ergeben, daß der Mensch
grundsätzlich zu solchen Fähigkeiten in der Lage ist (formallogische
Schlußfolgerungen), er muß dies nicht erst lernen.
Aber auch auf diesen Vorgang nehmen Wissen und Erfahrung
Einfluß; Zimbardo verwendet als Beispiel einen Syllogismus aus dem Bereich
Auto (S. 299): |
Erste Prämisse:
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Alle Dinge, die einen Motor haben,
brauchen Öl.
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Zweite Prämisse:
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Autos brauchen Öl.
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Schlussfolgerung:
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Autos haben Motoren.
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Diese Schlußfolgerung ist falsch, aber viele Versuchsteilnehmer
neigen hier dazu, diese Schlußfolgerung als richtig anzusehen, weil es
um das ihnen vertraute Thema Auto geht - wenn das Wort Auto ersetzt wird durch
ein unbekanntes Wort, erkennen sie viel eher die falsche Schlußfolgerung.
Allerdings wirkt sich dieser Verzerrungseffekt weniger auf den Schlußfolgerungsprozeß
aus als vielmehr auf die Beurteilung von Schlußfolgerungen anderer, denn
wenn die Versuchsteilnehmer nur die beiden Prämissen hatten und ihre eigene
Schlußfolgerung daraus ziehen sollten, so entwickelten sie meist die richtige
Schlußfolgerung.
Das induktive Schließen bezieht sich nicht auf logische Schlußfolgerungen,
sondern auf Wahrscheinlichkeiten und Annahmen. Um dies zu verdeutlichen,
nochmal das Beispiel von eben: Sie stehen also am Bahnhof, und suchen das Gleis,
auf dem Ihr ICE nach Berlin abfährt. Es sind keine Passanten da, die Ihnen
weiterhelfen können, und so schauen Sie sich die Gleise genauer an und
erkennen, das Gleis 4 einen sehr langen Bahnsteig hat und die anderen Bahnsteige
viel kürzer sind. Daraus vermuten Sie dann, daß der ICE auf Gleis
4 fahren wird, weil ein ICE sehr lang ist - aber ganz sicher sind Sie sich trotzdem
nicht.
Wie auch beim deduktiven Schließen verwendet man beim
induktiven Schließen erlebtes Wissen / Informationen aus dem Gedächtnis
in Form von Schemata, um Aussagen über Ereignisse, über die Zukunft,
zu entwickeln. So würden Sie es sicher für unwahrscheinlich halten,
daß sich Ihre Maus gleich selbständig macht und über den Tisch
fährt.
Auch im Bereich der Sprache (was ich hier weggelassen habe) gibt es solche induktiven
Schlüsse: Was sagt daß „Sie“ in folgendem Satz aus: „Sie gehen jetzt.“
?? Man kann das nicht klären, es könnte bedeuten, daß eine Gruppe
von Menschen jetzt geht, es könnte aber auch ein Befehl an eine Person
sein, o.ä. . Aber folgenden Satz kann man richtig deuten: „Simone saß
schon lange dort auf der Bank. Aber jetzt geht sie.“ Das man hier das „sie“
auf Simone bezieht, ist ein induktiver Schluß !
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 (Die Seitenangaben beziehen sich
auf Zimbardo/Gerrig: "Psychologie",
7. Auflage, Springer- Verlag Heidelberg, was allen Artikeln hier als Grundlage diente) |
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